Erfolgreiche Projekte

Neue Perspektive auf Herzklappen-Erkrankung

Bei einer Aortenklappenstenose ist die Herzklappe verengt und das Blut kann nicht mehr ausreichend in den Körper gepumpt werden. Die Patient*innen brauchen eine neue Klappe. Doch auch der Herzmuskel verändert sich durch die Erkrankung. Unterstützt durch die Zentrale Biobank der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) fanden Wissenschaftler*innen heraus, dass dieser Umbau am Herzmuskel für den Behandlungserfolg der Patient*innen eine entscheidende Rolle spielt.

 

Die Aortenklappenstenose ist die häufigste Erkrankung der Herzklappen im höheren Erwachsenenalter. Dabei ist die Aortenklappe verengt und das Blut wird nicht mehr ausreichend in den Körper gepumpt. Hierdurch kommt es bei den Betroffenen häufig zu Luftnot, starken Brustschmerzen und Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit.

Funktionsloses Bindegewebe statt Muskel: „Myokardfibrose“

Um das Herz-Kreislauf-System bei einer Mehrbelastung zu stabilisieren, passt sich der Herzmuskel an und kann sich krankhaft verändern: Das gesunde Herzgewebe wird durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt und der Muskel verhärtet. Eine solche „Myokardfibrose“ hat eine chronische Herzschwäche zur Folge. Eine fortgeschrittene Aortenstenose sollte deshalb schnell behandelt werden.

Neue Aortenklappe über Katheter

Zur Therapie der Aortenstenose hat sich in den vergangenen zehn Jahren der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) durchgesetzt. Bei diesem besonders schonenden Verfahren wird die verkalkte Aortenklappe zur Seite gedrückt und eine neue Herzklappe über die Leistenarterie mittels Katheter in Position gebracht.

Studie: Myokardfibrose spielt bedeutende Rolle für weiteren Verlauf

Ärzt*innen des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben seit 2017 in einer Studie untersucht, welchen Einfluss die Myokardfibrose auf die Umbauprozesse des Herzens hat und wie sie sich auf die Behandlungsergebnisse von Patient*innen mit schwerer Aortenstenose nach einem TAVI auswirkt. Dafür wurde 100 Studien-Patient*innen während des Eingriffs zusätzlich eine Gewebeprobe aus der linken Herzhauptkammer entnommen. Durch Analyse der Gewebeproben fanden die Wissenschaftler*innen heraus, dass Personen mit stärker ausgeprägter Myokardfibrose ein sehr viel höheres Risiko hatten, im weiteren Verlauf an einer Herz-Kreislauf-bedingten Ursache zu versterben. Die krankhafte Vermehrung des Bindegewebes im Herzen verlangsamt die Rückbauprozesse des Herzens. Dennoch: Die TAVI-Prozedur selbst verbesserte die Lebensqualität auch von Patient*innen mit starker Fibrose deutlich. Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten European Heart Journal veröffentlicht.

Qualitätsgesichertes Biobanking der Gewebeproben

Für das Biobanking der Proben stellte die Zentrale Biobank der UMG ihre komplette Infrastruktur zur Verfügung. Die Mitarbeiter*innen waren für die Verarbeitung der Proben zuständig und lagerten diese bei -80°C sowie bei -190°C in flüssigem Stickstoff. „Durch die Zusammenarbeit mit uns konnten sich die Forscherinnen und Forscher auf eine optimale Behandlung der Studienproben verlassen“, sagt PD Dr. Sara Y. Nussbeck, Leiterin der Zentralen Biobank UMG und Partnerin in der German Biobank Alliance (GBA). „Mit unserem qualitätsgesicherten Biobanking schaffen wir die Grundlage für Forschungserkenntnisse.“

Neuer therapeutischer Ansatz

Den Ergebnissen der Studie zufolge scheint der Zustand des Herzmuskels eine viel bedeutendere Rolle für das Überleben nach einem Klappenersatz zu spielen als bisher angenommen. Die Aortenstenose ist nicht nur eine Klappenerkrankung, sie ist auch eine Erkrankung der linken Hauptkammer. „Mit diesen Ergebnissen sollte ein neuer therapeutischer Ansatz erwogen werden, um das Langzeitüberleben von Patient*innen nach TAVI zu verbessern. In der Vergangenheit scheinen wir der linken Herzkammer nach TAVI zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Bislang gibt es keine konkrete Behandlung der Myokardfibrose, daher sollten anti-fibrotische Medikationen unbedingt in zukünftigen Studien getestet werden“, sagt Prof. Dr. Miriam Puls, geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Erstautorin der Studie.

 

Quelle: Eine ursprüngliche Version dieses Textes erschien als Pressemitteilung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).

Bildnachweis: Universitätsmedizin Göttingen/Herzzentrum

Wissenschaftliche Publikation

Miriam Puls, Bo Eric Beuthner, Rodi Topci, Anja Vogelgesang, Annalen Bleckmann, Maren Sitte, Torben Lange, Sören Jan Backhaus, Andreas Schuster, Tim Seidler, Ingo Kutschka, Karl Toischer, Elisabeth Zeisberg, Claudius Jacobshagen, Gerd Hasenfuß: Impact of myocardial fibrosis on left ventricular remodelling, recovery, and outcome after transcatheter aortic valve implantation in different haemodynamic subtypes of severe aortic stenosis. European Heart Journal (2020), doi: 10.1093/eurheartj/ehaa033. February 12th, 2020.

 

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